Das war die BESTE Tour die ich überhaupt gemacht hab. Das Wetter hat mitgespielt, die Landschaft war umwerfend und ich bin in vielerlei Hinsicht an meine Grenzen gestossen. Aber fang ich vorne an:
5:45 klingelt der Wecker. Nach kurzem Kampf gegen meine Bequemlichkeit stehe ich dann auch auf. Bis ich gefrühstückt, fertig gepackt hab und abfahrtbereit bin ist es kurz nach halb sieben – immernoch gut in der Zeit. Ein bisschen frisch ist es schon – zumindest auf den ersten Metern mit dem Rad – aber das geht schnell vorbei. Diesmal (das erste Mal!) zwinge ich mich die inzwischen gut bekannte Strecke gemütlich zu fahren. Nach einer viertel Stunde bin ich auf dem Inndamm. Der hat auch seine Vorteile früh morgens: keine Mücken, tolles Licht und überhaupt eine schöne Stimmung. Das nächste ist der Beginn einer Reihe von seltsamen Ereignissen. Als ich an einem kleineren See vorbeifahre, fällt mir der Nebel über dem Wasser auf und ich halte an um ein Foto zu machen, da bemerke ich doch jemanden der kurz nach 7 durch den See schwimmt … ich will gar nicht erst wissen wie kalt das da war. Das hat mich schon etwas gewundert, ich hab mir aber sonst nichts weiter dabei gedacht. Ein paar Minuten später fliegt kurz vor mir ein Graureiher weg – auch nicht so besonders ungewöhnlich – als ich aber der Stelle näher komme entpuppt sich ein vermeintliches Stück Treibholz im Inn als Biber! Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Aber noch nicht genug! Eine kurze Zeit später steht am Wegrand ein Tier, dass mich an ein Eichhörnchen erinnert, aber dafür einen viel zu kurzen und wenig buschigen Schwanz hat. Leider habe ich es nicht fotografieren können, ich vermute aber es handelt sich um ein europäisches Ziesel. Die Beschreibung könnte auf jeden Fall passen.
Jetzt geht der Radweg erstmal weg vom Inndamm in den kleinen Tiroler Ortsteil Mühlgraben(Erl). Hier ruft mir eine ältere Frau im vorbeifahren zu: „’s is so kalt und du hast nix ooh“. Tja, was soll ich dazu sagen ^^ (es war überhaupt nicht so kalt). Weiter gehts immer wieder über die Grenze, allerdings sind die 5km, die ich diesmal länger fahren muss als letztes Wochenende mal mindestens 10km mehr. Dennoch komme ich gegen 8:20 in Kufstein an, wechsel durch die Stadmitte auf die richtige Flußseite und fahre ein Stück bis zur Kaiserbachmündung zurück. Am Ortsrand von Kufstein (und auch Ebbs) ist ein Wanderparkplatz und sogar ein Fahrradständer. Eigentlich hatte ich ja überlegt noch ein Stück mit dem Rad weiter zu fahren, daraus wird aber nichts, denn es hat einige Stufen, ist ziemlich steil und außerdem für Fahrräder verboten. Also stelle ich das Rad ab und mache mich zwei Stunden nachdem ich losgefahren bin zu Fuß auf dem Weg.
Da das hier der einzige Einstieg ins Kaisertal ist, mache ich die ersten Höhenmeter am zahmen Kaiser gut. Hier sind außer mir noch einige andere Wanderer unterwegs, aber der Weg ist breit genug, so dass jeder sein eigenes Tempo gehen kann. Nach den ersten etwa 150 Stufen steigt der Weg eher gemächlich an und nach circa 20 Minuten kann ich das erste Mal ins Kaisertal sehen. Unten höre ich den Bach, sehe ihn aber noch nicht und auf der anderen Seite sind die stark bewaldeten (unteren) Hänge vom wilden Kaiser. Auf unserer Seite sind immer wieder Hütten und wenn man sich umdreht kann man zurück nach Kufstein gucken. Viel schöner ist aber der Blick ins Tal hinein! Nach und nach kann man die ersten felsigen Gipfel vom zahmen Kaiser sehen, die Wege dorthin gehen immer wieder steiler den Berg hoch. Mein Weg führt aber flach an der Bergseite entlang. Ganz langsam sehe ich auch in der Ferne und von Wolken fast verdeckt die hohen Gipfel vom wilden Kaiser, auf denen noch eine ganze Menge Schnee liegt. Am Pfandlhof begegnen mir das letzt Mal für eine ganze Weile andere Wanderer. Nachdem ich etwa drei Stunden unterwegs bin verzehre ich meine erste Verpflegung – einen Powerbar 😉
Aus dem Berg kommen immer wieder Wasserläufe, die zum Teil wasserfallartig ins Tal fließen. Nach und nach führt der Weg näher an den Rand und auf einmal sieht man den Kaiserbach unter sich. Fast senkrecht geht es an der Felswand abwärts unten in das schmal Tal, wo nur der Bach durch fließt. An dem faszinierenden Blick ins Tal hat sich wenig geändert, nur die „richtigen“ Berge kommen langsam näher. Um kurz vor zehn komme ich zu zwei Tunneln, die in den Fels geschlagen sind – ich hatte vorher schonmal den Verdacht, dass der Weg nicht ausschließlich (zufällig genau in Autobreite) entstanden ist ^^. Da ich seit einer Stunde nicht mehr bergaufwärts gelaufen bin, bin ich inzwischen fast auf einer Höhe mit dem Fluß. Nach ein paar weiteren Minuten (alle Entfernungen auf den Schildern hier sind in Stunden angegeben) bin ich dann direkt neben dem Kaiserbach, mit unglaublich klarem Wasser – immer mit dem Gipfel im Hintergrund, den ich heute besteigen will 🙂
Um 10:20 komme ich zum Anton Karg Haus. Laut der Wegbeschreibung beginnt hier der richtige Aufstieg. Ich sehe mich ein letztes Mal von ganz unten (stimmt nicht ganz, ich bin schon in 700 Metern Höhe :-P) um und verliere keine weitere Zeit, Karl Güttler Steig ich komme! Der breite Weg wird ein schmaler Pfad und steigt wieder (für die hiesigen Verhätlnisse) normal an. Schnell habe ich einige Höhenmeter gut gemacht und kann mich kaum satt sehen 🙂 Fotos mache ich jetzt nur noch wenn ich anhalte, damit ich die Hände freihabe. Das wäre noch nicht unbedingt nötig, aber schaden tuts auch nicht. Der Pfad steigt stetig weiter den Berg hoch, immer wieder kommen kleine Sturzbäche von oben, die man manchmal auch durchqueren muss. Jetzt kommen mir gelegentlich wieder Wandrer entgegen, der Weg den ich gehe teilt sich nämlich nochmal – in den Aufstieg zum Sonneck und einen Weg über dem Gamskogel. Bis dahin ist es aber noch ein Stück. Nach einer guten halben Stunde bin ich an dieser Abzweigung und gehe in Richtung des ersehnten Gipfels :-D. Die erste Zeit bleibt der Weg mal steiler, mal weniger steil immer im Wald, man kann aber immer wieder auf den zahme Keiser und ins Tal schauen. Nach einer Stunde vom Anton Karg Haus aus mache ich das erste Mal ein 10 Minuten Pause, esse von den mitgebrachten Broten und ziehe mir ein langes Oberteil an, so langsam wirds nämlich kühl ^^. Nachdem ich also noch mal Kraft geschöpft habe, gehts weiter. Nach nur ein paar Minuten komme ich zu einer Stelle, an der lauter tote Bäume stehen und viele umgeknickt sind. Das sieht schon komisch aus, 50 Meter breit und so lang wie die Fläche ist, ist nur grau, wo sonst grün ist. Das, die Höhe, die Stille und die Spannung auf das, wie es weiter geht, erzeugen eine sehr fesselnde Stimmung, ich bin hellwach und meine Sinne sind geschärft! Immer weiter geht es, seit über einer Stunde nur bergauf und jetzt setzte ich meinen Fuß zum ersten mal in Schnee. Der Schnee liegt zwar nicht über eine ganze Fläche und ist sehr fest, weil er schon anfängt zu tauen, aber trozdem verstärkt das die Stimmung noch. Der Pfad windet sich weiter hoch, die Landschaft immer felsiger wird und ich komme über einen ganz kleinen Kamm an der Flanke des Berges. Die Hänge an denen ich laufe sind zum Teil schon sehr steil geworden und jetzt begegne ich das erste mal einem in den Fels geschlagenen Drahtseil. Langsam werden die Bäume weniger und aus einigen Metern Entfernung lässt sich der Weg schon nicht mehr erkennen.
Jetzt beginnt der härteste Teil des Aufstiegs. Nach 1,5 Stunden Aufstieg aus dem Tal stehe ich in einer breiten und langen (und auch nicht besonders steilen) Furche (oder Zunge? schwer zu beschreiben) in der Bergflanke. Neben mir gehen links und rechts fast senkrecht Felswände in die Höhe, die irgendwann im Nebel verschwinden – gut von unten wären es Wolken, aber Nebel klingt besser 😀 Ab hier bewege ich mich im Schleichtempo weiter. Immer einen Schritt machen, sicherstellen das der Fuss steht, den nächsten Schritt überlegen, machen und so weiter. Ein geübter Bergsteiger geht hier möglicherweise mit ein paar lockeren Sätzen rauf, aber ich bin an der Stelle lieber zu vorsichtig. Langsam zeichnet sich ab wohinn der Weg führt und ich frage mich ernsthaft wie ich da rauf soll. Beim näherkommen sehe ich aber das es schon gut möglich ist. Jetzt ist mir allerdings klar das Höhenrausch deutlich untertrieben hat. „Im oberen Teil wird das eine mittelschwere Bergtour, wo man auch mal die Hände zuhilfe nehmen muss um ein paar Felsstufen zu überwinden“ … Ahja, für mich ist das die Grenze was ich mir ohne Sicherung zutraue. Immer wieder sehe ich mich um, auf die anderen Berge, in die Höhe wo ich hoffe hinzukommen und auf den Weg der mich fasziniert. Als ich an einer flachen Wand hoch bin, geht es auf der anderen Seite wieder ein Stück runter und hier kann ich mich beruhigen – der Abstieg geht fast leichter als der Aufstieg. Also gehe ich im Schneckentempo weiter. Auf der anderen Seite von dem Felsen über den ich grade geklettert bin liegt eine große Schneezunge, ein paar Fußspuren gehen darüber und diesmal ist der Abgrund deutlich näher als noch auf der anderen Seite. Hier überlege ich das erste mal ernsthaft wie weit ich noch gehe. Aber zunächst gehe ich noch weiter. Stück für Stück folge ich dem Weg, am Rand der Schneezunge – die höher ist als ich! Das Flache aber dennoch schwierige Stück zwischen dem Felsen von eben und dem weiteren Aufstieg habe ich jetzt bewältigt und schaue ungläubig dahin wo der Weg sein soll. Von der Aussicht gibt es auch ein Bild, aber das lässt sich glaube ich so nicht wirklich nachempfinden. Hinter mir weiß ich um den Abgrund, neben mir der Schnee, meine körperliche und geistige Anstrengung bis hierher und dann eine Felswand, die in 40 Metern höhe im Nebel verschwindet. Dazu ein Weg der im untern Bereich noch einige (natürliche) Tritt- und Griffhilfen hat, wo ich mich aber erneut Frage, wie zum … das weiter oben gehen soll. Die ersten zwei Steine schaffe ich noch, dann bin ich soweit. Trotz der guten Griffigkeit der Steine (auch bei nässe! – die Steine sind sehr rau) gebe ich mich geschlagen. Sicher wäre ich noch ein Stück höher gekommen. Wie lange das gut gegangen wäre weiß ich nicht, und ob ich da jemals nochmal runtergekommen wäre … Nein, genug für heute. Vielleicht komme ich ja nochmal wieder, für mich ist das zur Zeit die (sichere) Grenze meines Klettergeschickes. Also was mache ich nachdem ich den Aufstieg nach 2,5 Stunden abgebrochen habe? richtig, Mittag 😀 Erst jetzt, während ich das aufschreibe fällt mir auf, dass ich für diese letzten 200Meter fast eine ganz Stunde gebraucht habe. Hätte ich nicht gedacht. Nach dieser kurzen Stärkung – und einem Blick auf die Karte – beginne ich mit dem Abstieg. Ein Stück neben der großen Schneezunge finde ich einige abgefallene Blüten, aber ich sehe nicht wo die herkommen. Bei näherem Betrachtenfinde ich zwei blühende Zweige, die aus dem Boden wachsen. Die Blüten könnten dazu gehören, aber die beiden Pflanzen fangen gerade erst an zu blühen. Merkwürdig … Weiter gehts abwärts in Richtung der Gabelung Sonneck/Gamskogel. Für diesen Weg brauche ich deutlich weniger lang, nach gut einer Stunde gehts wieder vorwärts.
Auf dem Weg (der eine deutlich einfachere Bewertung hat) begegnen mir viele Gruppen von Bergwanderern, die ich alle bald hinter mir lasse. Auch nach der langen Zeit die ich schon unterwegs bin wird mir der Weg nicht langweilig und die Aussicht nicht uninteressant (was sich auch in den 260 Bilder wiederspiegelt, dich ich am Ende hab^^) Immer wieder geht es an der Bergflanke über und durch kleine Bäche, manchmal auch über Schnee. Die Strecke ist seit der Gabelung durchgängig im Wald und es ist mal wieder Zeit für ein ungewöhnliches Tier. Mitten auf dem Weg sitzt (dank Wikipedia weiß ich das jetzt) ein Alpensalamander. Vielleicht ist das nicht so ungwöhnlich, für mich aber schon 😉 Doch auch der Salamander hält mich nicht auf, um 14:30 nimmt die Steigung wieder stark zu, über viele Stufen und manche Tritthilfen komme ich – alles in allem aber eine kraftmäßige Herausforderung – das erste mal oben an. Zwar nicht ganz oben, neben mir ragen immernoch die Felswände auf, und einen richtigen Gipfel gibt es hier auch nicht, aber vor mir ist eine weiter hügelige Fläche. Weil ich den Weg so nicht geplant hatte – eigentlich wollte ich eben schnell aufs Sonneck und den gleichen Weg wieder zurück – frage ich ein Ehepaar das auf ein Bank sitzt und Wetter und Aussicht genießt, ob ich denn noch etwa da bin wo ich denke dass ich sei. Glücklicherweise kennen die sich da ganz gut aus und ich kann über den Gamskogel (einen Gipfel hätt ich doch gern noch) zurück nach Kufstein. Mit dem letzten Ziel in den Bergen vor Augen mache ich mich also wieder auf den Weg. Die Landschaft hier ist wieder etwas anders, wie gesagt eher hügelig, ohne Wald und auf den Wiesen blüht überall Enzian und andere … Blütenpflanzen … gelbe und blaue 😛
Auch hierher habe ich keine Zeit verloren, um viertel nach drei sitze ich auf einer Bank auf dem Gamskogel in 1449 Metern höhe und esse mal wieder was 🙂 Von hier aus kann ich in der Ferne das Kranzhorn und den Heuberg sehen (mehr Berge gibts schon, die erkenn ich aber nicht 😉 ), das Inntal und ganz weit weg vielleicht Rosenheim erkennen. Viertel vor vier, mache ich mich an den endgültigen Abstieg für heute. In der immernoch sehr schönen Landschaft, über die einspurigen Pfade, die ich so gern gehe, freue ich mich doch schon darauf bald (?) zuhause zu sein. Nach einer viertel Stunde komme ich – das erste mal seit 5,5 Stunden wieder auf einen breiten Weg. Ganz in der Nähe des Kaiserlifts (ich gehe runter – den Triumph gönn ich ihm nicht) ist Kufstein ausgeschildert und auch wieder viel Betrieb. Auf dem Weg kommen mir immer wieder Mountainbiker entgegen – da lauf ich doch lieber. Inzwischen bin ich auch nicht mehr überzeugt ein Mountainbike zu brauchen 😉 Ansonsten gibts nicht viel über den Weg nach Kufstein zu berichten, außer dass er lang war. Nach einer halben Stunde ständigem bergablaufen konnte ich ins Tal sehen, auf die andere Seite, da wo ich losgelaufen war, aber vor allem konnte ich nicht erkennen dass ich schon weiter nach unten gekommen wär. Zurück in Kufstein komme ich langsam aber sicher auch an die Grenzen meiner Kraft und Ausdauer. Jetzt ist es zehn nach fünf und ich brauche noch etwa eine halbe Stunde bis zu meinem Fahrrad. Auf der Brücke über den Kaiserbach, direkt neben dem Wanderparkplatz, bleibe ich noch kurz stehen. Dann setze ich mich aufs Rad und fahre wieder los. Nachdem ich schon wieder ein gutes Stück gefahren bin – wo ich übrigens nocheinmal so ein seltsames Ziesel-Tier gesehen hab – werfe ich einen letzten Blick auf die beiden Gebirgszüge … und einen kleinen Blick zur Seite, wo noch soooo viele andere Berge stehen ^^ Um kurz nach sieben mach ich noch eine letzte Pause, wo ich den Rest Brote aufesse und ein Insekt fotographiere, das über meine Daumen krabbelt ok, ich bin schon ganz schön fertig. Und auch die letzten halbe Stunde nach hause schaffe ich und komme schließlich erschöpft und glücklich in meinem Zimmer an.
Insgesamt war ich 13,5 Stunden unterwegs, habe davon knapp 1,5 Stunden Pause gemacht, war 4 Stunden auf dem Rad und 8 auf den Füßen unterwegs, habe eine tolle Gipfeltour versucht und noch einen anderen geschafft. Insgesamt ein sehr gelungener Tag, der allerdings um neun Uhr nach einer heißen Dusche (es gibt wenig besseres) sein jähes Ende in tiefem Schlaf fand.
ps: Bei der Beschreibung vom Aufstieg zum Sonneck hab ich wieder feuchte Hände bekommen, das war so klasse 😀